Berit Mücke
„Wie dann aber, noch gefangen in der Form (doch) leicht zu agieren ist, weiss vielleicht „Pius Radschuh“ der fahrende geistesgegenwärtige Alte.
Herauslösen. Umformen oder eine Auslöschung – dies kommt einer Befreiung gleich.“
Die 1968 in Potsdam geborene Künstlerin war nach der Wende zunächst als Schauspielerin und Sängerin in Potsdam, Berlin, Kassel und in einem Wandertheater unterwegs. Einige Jahre zeichnete und malte sie im verborgenen und fotografierte auf Reisen. 2005 ging Berit Mücke an die Hochschule für Grafik und Buchkunst /Academy of Fine Arts Leipzig (HGB) und studierte Kunst und Malerei in der Klasse von Wolfram Ebersbach und Neo Rauch. Bevor sie 2012 ihr Diplom machte, erweiterte sie ihre Erfahrungen im Rahmen eines Auslandsjahres an der Accademia delle belle Arti a Roma in der Klasse von Gianfranco Notargiacomo. Viele Einzel- und Gruppenausstellungen flankieren ihren Weg. Heute arbeitet und unterrichtet Berit Mücke auf der Baumwollspinnerei Leipzig.
2020 POSITIONS-Berlin Art Fair | 10. – 13. 09. | Stand G05 | Selected Positions
„… Getragen von schonungsloser Ehrlichkeit, gelingt es Mücke auf dem Territorium der Malerei Erzählungen aus der Seelenlandschaft als allgemeingültige Bilder zu entlassen in unsere gemeinsame Lebensführung. Doch intuitive Narrative, die festgehalten werden sollen, leisten Widerstand und im Entstehen entwickeln Gemälde ein Eigenleben. Daher müssen Mückes Bildsuchungen oft viele Passagen durchlaufen, müssen unerwartete Volten geschlagen und radikalen Entscheidungen gefällt werden, bevor die Malerei auf vollendeten Leinwänden vor Mückes Augen zur Ruhe kommen darf, bevor sie gültig sein kann. So entfaltet hier, in der direkten Fassbarkeit des malerischen Aktes, der zweite Aspekt aus Davilas Zitat** volle Wirksamkeit. Das Durchlaufen des assoziativ Erlebten hin zum materialisierten Ausdruck bedarf der wahrscheinlichen Chance des Scheiterns, um Authentizität zu gewährleisten. Oft bleiben aus diesen hart geführten Auseinandersetzungen wahre Bilder stehen. Sie sind meist abstrakte Relikte, deren Stoffe über Gebühr strapaziert wurden und denen Abbildendes bis zur Unkenntlichkeit ausgetrieben wurde. In der Souveränität ihres erkorenen Zustandes für immer Luft holend, bilden sie die erste Gruppe von Bildern aus den Händen Berit Mückes. (…) durch den bewussten Verzicht auf Naturfarbgebung und der exakten naturalistischen Formgebung eine neue Autonomie in der Ausdruckskraft. So sind es offensichtlich ihre subjektive Farbgebung und ihre individuelle Formensprache, welche deutlich machen, dass es hier nicht um die exakte Wiedergabe der Realität geht, sondern um eine Bildwelt, in der andere Prämissen walten. Durch großzügige, oft lasierte Flächigkeiten bekommt der Farbklang eine größere Wichtigkeit, durch nur wenige, scharf eingesetzte Details ergibt sich eine größere Deutungsbreite des Abgebildeten. Wellige Parallel-Linien von Pinselstrichen oder zerspringende Oberflächen bereichern den Duktus um persönliche Strukturen.
Durch diese Strategien entsteht eine einladende Offenheit des zu Sehenden, welche Erzählungen vernehmbar werden lässt, die von inneren Konstellationen zwischen den Menschen, den Dingen und der Zeit künden. Das Abgebildete ist eindeutig vorhanden, aber dennoch nicht festzulegen, wie so viele Bereiche der Existenz. Gerade in dieser meisterlich austarierten, schwebenden Präzision zwischen Sagbaren und intuitiv Erfassbaren findet Mücke auch in den Porträts und den Landschaften ihren unverkennbaren Ausdruck. Dabei vermitteln die Arbeiten eine unmittelbare Vitalität und bezeugen einen Humanismus unter den Subjekten. Einmal in unserer Gegenwart gebannt, sind Mückes Bilder Zugänge zu diesem untergründigen Bereich, der unsere Leben mehr bestimmt, als sich viele eingestehen mögen. Es ist die Wahrheit unter den Oberflächen. So findet das Morgenlicht Berit Mücke vielleicht nicht mit einer endgültigen Antwort, aber schöpfend an der Quelle eines wirksamen Transfers.
„Daylight Found Me with No Answer“ ** – Das Tageslicht fand mich ohne Antwort annoncierte der Mexikanische Künstler José Davila 2014.